Clubhouse. Erleidet die Hype-App ein ähnliches Schicksal wie Google+ oder MySpace?

7 Minuten

Als add2 1997 das Licht der Welt erblickte, dachte niemand in Europa über Soziale Netzwerke nach. Im gleichen Jahr startete zwar Six Degrees als erster Social-Network-Dienst, aber er konnte sich nicht nachhaltig etablieren. Die Herausforderungen im Alltag bestanden eher darin, überhaupt Zugang zum Internet zu bekommen und E-Mails zu versenden. Seit dem hat die Vielfalt der digitalen Medien exponentiell zugenommen. Plattformen, Dienste und Netzwerke kamen und gingen, andere wiederum haben sich in unserem Alltag etabliert und sind nicht mehr wegzudenken. Und nun gibt es einen neuen Star am Social-Media-Himmel – Clubhouse!

 

Was ist Clubhouse?

Seit rund einer Woche ist eine neue Plattform in aller Munde: Clubhouse! Eine Social-Audio-App fürs iPhone, bei der die Teilnehmer Gesprächen wie bei einem Live-Podcast zuhören und sich aktiv an Diskussionen beteiligen können. Sofern die Moderatoren die Person auf die „Bühne“ holt. Die Nutzer können aber auch selbst Räume erstellen und Interessierte zum Gespräch einladen. Derzeit können nur iOS Nutzer die Anwendung Clubhouse nutzen, doch die Firmengründer Paul Davison und Rohan Seth haben angekündigt, dass sie künftig auch auf Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android laufen soll. Doch das ist nicht die einzige Hürde. Selbst iPhone Nutzer können sich nicht einfach anmelden und loslegen. Sie können Clubhouse nur nutzen, wenn sie von einem angemeldeten Nutzer eingeladen werden. Diese künstliche Verknappung scheint den Hype um die Audio-App zu befeuern. Er führte in kürzester Zeit zu kuriosen Entwicklungen. So werden auf eBay die „Invites“ für Clubhouse für respektable Summen angeboten.

Screenshot Clubhouse Invite eBay

Wie funktioniert Clubhouse?

Die User tauschen sich innerhalb der App in Themen-Räumen aus. Dabei gibt es öffentliche und geschlossene Räume. Jeder kann einem öffentlichen Räumen beitreten oder auch seinen eigenen Raum eröffnen. Geschlossene Räume sind nur für einen bestimmten Personenkreis zugänglich. In jedem Raum können die User verschiedene Rollen einnehmen:

  • Moderator: Ein oder mehrere Moderatoren leiten die Diskussion. Sie bestimmen, welcher Nutzer zu einem Sprecher werden darf. Sie holen die Sprecher auf die „Bühne“ und können diese auch wieder zum Zuhörer machen.
  • Sprecher: Können aktiv an einer Diskussion teilnehmen.
  • Zuhörer: Als Zuhörer nimmt man eine passive Rolle ein. Man lauscht einfach der Diskussion. Möchte man etwas zur Diskussion beitragen, kann man via „Hands up“ dem Moderator signalisieren, dass man etwas beitragen möchte. Der Moderator entscheidet, ob aus dem Zuhörer ein Sprecher wird.

Es ist möglich, Diskussionsrunden zu planen und Teilnehmer einzuladen. Die Kalenderansicht gibt einen Überblick, welche Räume wann eröffnet werden.

Im öffentlichen Nutzer-Profil wird angezeigt, von wem jemand eingeladen wurde. In dem Profil können Informationen zur eigenen Person hinterlegt werden. Die Instagram- und Twitter-Accounts können mit Clubhouse verknüpft werden. Zusätzlich kann man Clubs, die ähnlich wie die Gruppen bei Facebook sind, beitreten. Alles natürlich auf Audio-Basis.

Screenshots Clubhouse-App

Wie funktioniert Clubhouse? Ein kurzer Guide.

Wie wird der Invite verschickt? Und wie kann man sich dann anmelden?

Wer bei Clubhouse mitmachen möchte, geht wie folgt vor:

  • Im Store die Drop-in-Audio-App herunterladen.
  • Mit Rufnummer, Benutzername und E-Mail-Adresse anmelden. Dabei dieselbe Nummer angeben, mit der man eingeladen werden möchte.
  • Der wohl schwierigste Teil! Auf die Einladung eines angemeldeten Clubhouse-Nutzer warten. Dies sind meist Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder.
  • Einladung annehmen und mit dem Talk loslegen oder einfach nur zuhören. Mit der Anmeldung stehen dem User zwei Einladungen zur Verfügung, die er an andere verschicken kann.

Kann ich mehr Invites bekommen?

Viele User stellen sich natürlich die Frage: Kann ich mehr als zwei Invites bekommen? Ja, aber dafür musst man aktiv auf der Plattform sein und z.B. Räume eröffnen. Und nach einer gewissen Zeit auf der Plattform bekommst man drei weitere Invites.

Clubhouse und der Datenschutz?

Bereits WhatsApp nutze die umstrittene Methode, die Grundlage für ein schnelles Wachstum war. Nach Installation und Aktivierung von Clubhouse verlangt die App Zugriff auf sämtliche Einträge im Adressbuch des Smartphones. Dieses Vorgehen wird von Datenschützern in Europa kritisiert, weil jeder Kontakt einzeln um Erlaubnis gefragt werden müsste, ehe seine persönlichen Daten auf Server außerhalb der EU übertragen werden. Zudem legt Clubhouse mit den freigegebenen Rufnummern Schattenprofile auf dem eigenen Netzwerk an. Das sind Profile von Personen, die in den Adressbüchern der Nutzer vorkommen, sich selbst aber nicht in der App angemeldet haben.

Anekdote am Rande: Dies führt dazu, dass der ADAC Pannendienst als sehr gut vernetzter Nutzer interpretiert wird. Eigentlich müssten die betroffenen Personen gemäß DSGVO über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden. Zudem schneidet die Plattform Gespräche mit, um sicherzustellen, dass die Nutzerrichtlinien eingehalten werden. Kommt es zu einem Verstoß, kann dieser mittels der Aufzeichnung belegt werden.

Was den Datenschutz betrifft, bewegt sich Clubhouse derzeit auf recht dünnem Eis und operiert in einer Grauzone. Für Aufhellung und Klarheit werden wohl erst Klagen vor europäischen Gerichten sorgen.

Für wen ist Clubhouse interessant?

Gefühlt tummeln sich auf Clubhouse vorwiegend Content Creatoren, Influencer, Agentur- und Marketingleute, Journalisten, Coaches und Medienschaffende. Aber auch Politiker, Investoren und Personen aus dem Reisebereich treiben sich auf der Plattform herum. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Manche Gesichter trifft man beinahe in jedem Raum. Das Interessante: Beinahe alle Profilbilder sind mit einem Party Popper Emoji 🎉 gekennzeichnet. Sie sehen einer Schultüte zum verwechseln ähnlich und kennzeichnen neue User neu.

Thematisch gibt es bereits eine breite Vielfalt, jedoch scheinen Topics aus dem Social-Media-Kosmos überproportional vertreten. Daher verwundert es nicht, dass man interessante Insights rund um angesagte Marketing-Themen wie Social Media, Influencer, TikTok & Co. erhält.

Was hat es mit dem Hype um Clubhouse auf sich?

Die App ging im Frühjahr 2020 in den USA an den Start. In Deutschland wurde sie bis Anfang 2021 kaum genutzt, ehe sie in einer Telegram-Gruppe durch Podcast Moderatoren und Influencer gepusht wurde. Sie berichteten auf LinkedIn und Instagram über die Anwendung. Sehr früh waren auch einige Promis und Politiker wie Saskia Esken, Dorothee Bär oder Kevin Kühnert am Start. Einige begründen den Hype der App auch mit dem Fear of missing out-Effekt – der Angst etwas zu verpassen. Diese Zugangsbegrenzung zum exklusiven Club befeuert den Hype zusätzlich.

Spannende Diskussionen in den Räumen und die Mischung aus Otto-Normal User und Promis oder Branchengrößen machen den Reiz der Plattform aus. Ein gewisses Suchtpotential kann man Clubhouse dabei nicht absprechen. Ein Beleg dafür ist der Raum „Versammlung der Süchtigen“. 😄

Wird sich der Hype um die App halten?

Mit etwas Abstand betrachtet ist der Erfolg der Applikation etwas verwunderlich. In Zeiten der asynchronen Kommunikation, dem Siegeszug der On-Demand Plattformen erscheint die Entwicklung anachronistisch. Plötzlich richten die Nutzer ihr Leben wieder nach „Raumzeiten“ aus, wo doch die Digitale Natives dem linearen Fernsehen und Radio bereits abgeschworen hatten.

Es ist schwer vorherzusagen, ob der Hype anhält, denn die aktuelle Corona-Pandemie ist eine historische Ausnahmesituation und hat unseren Alltag ganz schön umgekrempelt. Die Reduktion der sozialen Kontakte lässt die Menschen nach alternativen Möglichkeiten der zwischenmenschlichen Interaktion suchen. Clubhouse dient dabei als gern genutztes Ventil. Doch was passiert, wenn die Menschen wieder zur Normalität übergehen, wenn wieder persönliche Kontakte möglich sind? Wie wird sich die Öffnung für User der Android-Welt auswirken? Was geschieht, wenn Personen vermehrt die Regeln verletzen? User nicht mehr so viel Zeit für abendfüllende Diskussionen haben? Oder wenn die Macher mit der Monetarisierung beginnen?

Viele Fragezeichen, die sich erst mit der Zeit auflösen werden. Wie man dem Blog der Entwickler entnehmen kann, sind aufgrund einer neue Finanzierungsrunde folgende Maßnahmen geplant:

  • Entwicklung einer Android-App für das Google Betriebssystem und Implementierung von Lokalisierungs-Features
  • Investitionen in die technische Infrastruktur. Durch das schnelle Wachstum wurden vielen Usern rote Fehlermeldungen „Bad Connection“ angezeigt. Allen Clubbern soll zukünftig ein positives Nutzererlebnis beschert werden
  • Optimierung des Supports. Das Trust & Safety- und Support-Team wird erweitert werden. Damit soll Missbrauch verhindert und die Sicherheit der User gewährleistet werden. Funktionen und Schulungsmaßnahmen für Moderatoren runden das Programm ab.
  • Die Suchfunktion und damit das Ranking sollen verbessert werden. Durch den raschen Anstieg der Gespräche wird es für die Anwender schwieriger, die für sie passenden Räume zu finden. Zusätzlich möchten die Entwickler den „Clubbern“ mehr Inspiration bei der Entdeckung des Angebots geben.
  • Creator sollen für ihre Arbeit belohnt werden. Mit einem Creator Grant Program soll sichergestellt werden, dass Moderatoren, die sich engagieren, auch finanziell belohnt werden. Hierbei sind unterschiedliche Vergütungsmodelle angedacht.

Eine abschließendes Urteil, ob sich Clubhouse auch nach der Covid-Pandemie etablieren wird, kann noch nicht gefällt werden. Wenn es das Unternehmen schafft, seine Ideen zeitnah und wie geplant umzusetzen, könnte der Boom weiter gehen. Wir werden das Geschehen intensiv beobachten.

Entwicklung Social-Media-Plattformen weltweit seit 1997?

Erste Erfahrungen mit Clubhouse?

Bereits nach nur einer Woche bringt die Plattform skurrile Stilblüten zum Vorschein. So herrscht in dem Raum „Ruheraum“, den die User zu Hunderten betreten, absolute Stille. Hier springen einem lediglich die stummen Profilbilder entgegen, denn die Mikrofone der Besucher sind bewußt ausgeschaltet. Die Alternative zum Abschalten macht eigentlich keinen Sinn. Selbst zu nächtlicher Stunde geistern noch viele Gestalten durch die Räume. Dann wird schon mal über den ein oder anderen „Influencer“ und deren Schneeballsysteme gelästert. Na ja, vielleicht muss das auch einmal sein. Und wem es nicht gefällt, „zappt“ einfach weiter In diesem Sinne. Let’s talk.

Clubhouse Ruheraum
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